Life in the Tropics

Feierabend auf der Halbinsel

Die Abende sind kurz in den Tropen. Ab 18:30 Uhr dämmert es, um 19 Uhr ist es dunkel – jeden Tag, jeden Monat, ohne großen Unterschied. Für den tropischen Arbeitnehmer in Railay lässt dies nur einen schmalen Korridor für die Ausübung von Outdooraktivitäten oder einen Ausflug in die benachbarte Tonsai-Bucht. Das kann schonmal ins Auge gehen… Aber der Reihe nach:

Klassischer thailändischer Wanderweg

Grundsätzlich bieten sich für den Feierabend folgende Optionen:

  • Klettern an den Nachbarwänden in Railay von 17:00 bis 18:50, Zusammenpacken mit Stirnlampe
  • Schwimmen im Meer, Rumlümmeln am Strand, Sonnenuntergangsfotografie
  • Ausflug zur Tonsai-Bay zwecks Aufrechterhaltung sozialer Kontakte
  • Spaziergang zum Aussichtspunkt von Railay, zur Lagune o.ä.
  • Erledigungen, Massage und / oder Weißwein an der gammeligen “Strandpromenade” von Railay East

Ach, mal wieder ein hübscher Ausflug nach Tonsai

Das trennende Stück Fels mit ordentlich Grün

Der Ausflug zur Tonsai Bay ist in der Wirkung äußerst attraktiv (lecker Essen an den bekannten Futterkrippen, günstige Getränke, noch günstigere Massagen, unkomplizierter Klettertalk, feiner Abend), aber tendenziell mühselig. Grund ist der dschungelbewachsene Felsklops, der die Buchten  Railay West und Tonsai voneinander trennt.

Dienstagabend. Im Sonnenuntergang kraxle ich über den Hügelberg, um einen Abend mit meinen aktuellen Kletterfreunden zu verbringen. Am Tag hat es geregnet. Die lehmige, rote Erde auf und zwischen den Felsen ist ziemlich schmierig. Vielleicht nicht ideal, wenn es nachher in völliger Dunkelheit zurückgeht, denk’ ich so.

Nebem dem Kauf eines Bootes bleibt mal wieder nur Gekraxel

Die Berge im Hinterland der Peninsula

Die einfachste Variante für den Buchtentransfer, das Hüpfkraxeln von Stein zu Fels um den Hügelberg herum, fällt heute aus wegen hoher Vollmondflut. Da bleibt nach ein bis zwei Kaltgetränken nur Möglichkeit 3: Der sehr steile, aber nicht glitschige Weg durch den Dschungel im Hinterland. Tagsüber in 20-25 Minuten zu überwinden. Yeah! Let’s go.

Schon neulich dachte ich, meine Stirnlampe könnte mal neue Batterien haben. Ein Verdacht, der sich erhärtet, als ich auf dem Weg in die Dschungelnacht die letzten Holzbungalows und damit die letzten öffentlichen Lichtquellen hinter mir lasse.

Leuchtende Käfer – ein Naturwunder, aber auch zu dunkel

Erst ist da noch dieser Typ mit seinem Flutlichtstrahler am Wegesrand, der versucht, eine neue Insektenart zu identifizieren. Ich kann helfen: Es ist das gigantische weibliche Glühwürmchen, das von oben gepanzert, groß wie ein langer Ringfinger, aus seinem Hintern leuchtet. Mit vereinten Kräften schaffen wir es, ein Foto von dem Viech zu machen. Ich hoffe, er vergisst nicht zu mailen.

Der junge Mensch ist sich jedenfalls sicher, dass ein Spaziergang durch den Wald des nächtens von den Insekten abgesehen kein Problem darstellt. Logisch, er hat ja auch ein Flutlicht dabei. Und vermutlich ist er noch halb betäubt von der sechsten Tatoo-Sitzung, die er gerade in Railay East hinter sich gebracht hat. Er trollt sich in die andere Richtung davon.

Der Dschungel lebt?

Letzte Meter der Zivilisation bei Tag: Monitor-Lizard, Albino-Variante?

Aber wat solls. Nu simma schomma hier. Da gehn wer halt auch weiter. Gut, dass ich den Weg mittlerweile kenne, denn viel sehe ich wirklich nicht mit meiner Funzel. Überlege, ob ich wegen der vielen Lebewesen in so einem Dschungel vielleicht doch etwas Panik entwickeln sollte. Frenetisch aber irgendwie auch erbärmlich leuchte ich direkt vor meine Füße. Die Spezial-Affen, die in dieser Ecke des Waldes tagsüber ihre vogelähnlichen Heulgeräusche absondern, schlafen wohl schon. Hoffentlich die Schlangen und Skorpione auch???!!!

Ich gehe so schnell ich bei der angeschlagenen Sicht kann. Der Vollmond hat auch schonmal besser funktioniert. Zuviel Wald und Gestrüpp überall. Hoch und dicht. Vor allem nach dem Regen. Kaum fallen drei Tropfen, explodiert die Flora hier in alle Richtungen, holt sich jeden Zoll menschlicher Urbanisierung zurück. Trampelpfade durch den Dschungel wuchern in keiner Zeit zu.

Machete leider vergessen

...und dann mittendurch

Noch während ich mit der rechten Hand ein astiges Gestrüpp aus dem Weg räume, schlägt mir von links ein Zweig ins Auge. Super, denke ich noch. Hat ja aber gar nicht wirklich weh getan. Hoffentlich ist alles mit dem Auge oke.

Auge? Auge? Hallo Auge? Es tut nicht weh. Aber so verschwommen jetzt alles hier. Komisch. Blinzeln, Augen rollen, was man halt so macht als Kontaktlinsenträger, wenn mal was verrutscht. Aber nein, es wird nicht besser. Ich stolpere weiter, lieber mal nicht stehenbleiben. Das wäre mindestens für die Moskitos ein Fest.

Großartig.  Wald, dunkel, Vollmond versagt, Stirnlampe auch und nun noch alles wie mit 3 Promille. Die Einsicht dämmert langsam: Der Zweig hat mit unglaublichem Geschick meine Linse aus dem Auge geholt. Sensationell. Nature strikes back.

Nächste Woche dann doch lieber Weißwein an der heimischen Bar des Vertrauens? Und vielleicht etwas stärker an den Bekanntschaften in Railay arbeiten!

3 Comments

  • Jun

    Bist du schonmal von Tonsai aus durch den Dschungel auf die andere Seite gewandert? Wenn du vom Strand aus ins Landesinnere gehst, gab es früher eine verlassene Siedlung mitten im Dschungel. Keine Ahnung, wer die beknackte Idee hatte, dort etwas zu bauen (denn die Moskitos fressen dort einen echt auf).

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