Thailand,  Life in the Tropics

Die ganze Wahrheit über Thai-Food

Yippieh! Salat mit irgendwas Grünem, Pilzen und Chili! Das sieht lecker aus, denke ich und beginne mir reichlich davon auf den Teller zu laden. Freitagmittag in der Kantine, da ist der Blick schon etwas müde. Und der Geist vom Aufenthalt in Europa noch etwas getrübt… Pilze! Pah! In welchem thailändischen Gericht (außer vielleicht den Suppen Tom Ka und Tom Yam) sind denn schon jemals Pilze gesichtet worden? Da war wohl eher der Wunsch Vater des Gedankens.

Fried morning glory. Quelle: Wiki

Natürlich ist es Fisch. Getrockneter Fisch, um genau zu sein, in eigentümlich großen Brocken. Irgendwie wie dicke Pilzscheiben geformt und in recht harter Konsistenz. Aber die schuppige Haut hat ihn dann doch verraten. Und der extrem, ich wiederhole, EXTREM salzige Geschmack. Ich hab’s ja gern salzig. Aber das ist ordentlich! Das Grün ist denn wieder mal der allgegenwärtige “Wasserspinat”. Englisch auch gerne als “Morning Glory” bezeichnet. Wer diesen Ausdruck aus anderen Zusammenhängen kennt, wird sich sicherlich mit zahllosen englischsprachigen Travellern an dem typisch südostasiatischen Gericht “Fried Morning Glory” erfreuen können.

Gaeng Som: Eine “Grande Dame” der thailändischen Curries

Gaeng Som

In der Kantine bleibe ich an diesem Tag ratlos. Neben dem Salatwunder wartet das im Süden unvermeidliche “Gaeng Som” an der Theke. Eine der “Grande Dames” der thailändischen Curries, wie es die Autorin meines Lieblingsblogs zum Thema Thai Food so schön nennt. Gaeng Som oder auch beschönigend “Yellow Curry with Seafood” ist grellorange und sauer (“Som”) und immer mit irgendwelchen Meeresfrüchten, meist Garnelen. Garnelen mag ich und sauer eigentlich auch.

Aber die Geschmackskomposition des “Sauren Curries” ist schon sehr eigentümlich und erschließt sich für westliche Zungen nicht sofort. Vermutlich der Grund, warum das Gericht auf keiner einzigen Speisekarte der Touristenrestaurants zu finden ist. Die Thai hingegen lieben es – besonders hier im Süden. In der Thai-Kantine gibt es Gaeng Som gefühlt dreimal die Woche.

Verschwenderischer Einsatz von Meeresfrüchten und Fisch

Eine Austernfarm

Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass in einem Land mit fast 2.600 Kilometern Küstenlinie natürlicherweise Fisch und Meeresgetier ganz oben auf dem Speiseplan stehen. Darüber hinaus gibt es in Buchten, Flüssen oder künstlichen Teichen noch jede Menge Garnelen-, Krebs- und Hummerfarmen. In Portionierung und Dareichung derselben können die Köche daher hierzulande wirklich ausgesprochen großzügig sein. In der Kantine gibt es aus Sicht des Mitteleuropäers geradezu verschwenderisch oft Garnelen und Tintenfisch in Curries und Reisgerichten.

Operation gelungen, Gräten ausgespuckt

Makrelen zum Gräten-Knabbern. Quelle: Wiki

Warum man allerdings auch so wahnsinnig gerne an diesen kleinen Makarelen herumknabbert, an denen gar nichts dran ist, erschließt sich mir nicht vollständig. Aufgrund des geringen Anteils fasriger Bestandteile werden sie der Einfachheit halber stets vollständig gebraten oder frittiert. Es bleibt dem Genießer überlassen, die – vermutlich – 20 Gramm Fleisch in langer und schwieriger Operation mit Löffel und Gabel von den ganz klar in Überzahl befindlichen Gräten zu trennen.

Alternativ wird beherzt hineingebissen, etwas herumgelutscht und geknabbert und alles Ungebießbare wieder ausgespuckt. Wenn man bis zum Ende des Prozesses nicht verhungert ist, hinterlässt der Fisch geschmacklich einen durchaus befriedigenden Eindruck.

Fermentierter Fisch – ein Aroma wie aus dem Kuhstall

Garnelen-Pasten und Fischwässer. Quelle: Wiki

Dies lässt sich leider nicht von der für mich anspruchsvollsten Herausforderung der thailändischen Küche behaupten: “Bla La” und Artverwandte, gräulich bräunliche Saucenpasten, die aus fermentiertem Fisch, Krabbenbestandteilen und ichweißnichtwasnoch hergestellt wird. Sie riechen sehr streng. Im Vorbeigehen an der Großproduktion in der Kantine vielleicht wie … ja, so in etwa wie Kuhdung, alte Socken und ja eben einfach Fisch, der das Meer schon etwas länger vermisst.

Der große Vorteil von derlei Würzmitteln ist ihre Darreichung als Beilage. So bleibt das Experiment mit der Sauce oder Paste, respektive deren Dosierung jedem selbst überlassen. Und wer beim Essen nicht atmet, wird das Ergebnis womöglich auch einfach als pikant empfinden.

Abenteuer außerhalb der Komfortzone

Fish curries

Nicht atmen ist auch die goldene Regel beim anspruchsvollsten aller Curries, dem “südthailändischen Curry mit geräuchertem Fisch” – so die Bezeichnung auf dem Schildchen an der Theke. Was gar nicht so schlecht klingt, hat mich ganz klar jenseits der Grenzen meines persönlichen Experimentierwillens geführt. Das Gericht verströmt das leichte Kuhstallaroma von fermentierten Fisches. Und die als Fisch identifizierbaren Brocken in der Suppe stellen, was den Salzgehalt betrifft, wieder Einiges in den Schatten. “Mai dai”. Clearly cannnoooot. Sorrriiiiiie.

Insekten-Buffet. Quelle: Wiki

Von weiteren Abenteuern habe ich nur gelesen oder gehört. So soll die Küche der nordöstlichen Region Isan sehr intensiv mit Käfern und anderen Hartschalen-Lebewesen arbeiten. Und selbstverständlich kennt man die frittierten oder gerösteten Heuschrecken und Skorpione von den Snack-Ständen an den Straßen von Bangkok. Quasi schon legendär und keine ganz große Überraschung mehr. Ähnlich wie Ratten-Curry, Fledermaus am Spieß oder halb ausgebrütete Hühner-Eier in Laos und Kambodscha. Aber dazu mehr, wenn ich durch die betreffenden Länder reise…

Mastige Desserts

Schwarze Bohnen in Kokosnussmilch

Die klassischen thailändischen Nachspeisen können getrost als “mastig” bezeichnet werden. Schnell überwindet der Europäer dabei den Irrtum, dass Gemüsebeilagen wie schwarze Bohnen, Süßkartoffeln oder Mais allein dem Hauptgang gewidmet werden sollten. Mit salzig-süßer Kokosmilch übergossen oder zu Kokos-Eiscreme serviert (Maiskörner!) machen die alten Bekannten zwar keine schlanke Linie, aber falls noch Hunger besteht, in jedem Fall satt! Dabei befriedigen die Desserts zwar nicht unbedingt das Auge (siehe bräunliche Bohnenpampen-Suppe), aber durchaus die Geschmacksknospen.

Mein Favoriten bleiben die etwas eingängigere Kombination von gekochten Bananen in Kokosmilch oder der allseits beliebte Klebreis mit gesüßten, schwarzen Bohnen (“Khao Dam”) oder noch viel lieber mit natursüßer, frischer Mango (“Khao Niau Mamuang”). Yummieyummie.

Was man sonst noch wissen sollte

Traditionelles Frühstück im Nordosten. Quelle: Wiki

Sonst so? Die Thai essen immer mit Löffel und Gabel aus billigstem Blech, wobei sich der Löffel in der rechten Hand befindet und mit der Gabel aufgeschaufelt wird. Messer sind überflüssig, da im Grunde alle Gerichte in mundgerechten Happen daherkommen. Einzig für Suppen (!) werden – ganz in chinesischer Tradition – Ess-Stäbchen und ein kleiner Porzellanlöffel gereicht. Mit den Stäbchen gilt es dann, Nudeln und Gemüsebestandteile aus der Schale zu fischen, das Löffelchen dient dem Verzehr der Brühe.

Wichtig ganz generell: Suppe ist in Thailand keine Vorspeise, sondern eine Beilage! Sie wird zusammen mit vielen anderen Beilagen zum Reis gereicht. Nicht umsonst heißt “essen” auf thailändisch “gin khao”, also “essen Reis”. Und daran besteht kein Zweifel: Reis gibt es dreimal täglich, und er befindet sich zwingend auf dem Haupt-Speiseteller des Delinquenten. Alles andere wird in kleinen Schüsseln in der Mitte gruppiert und traditionell mit allen am Tisch geteilt. Auch die Curries, die in Thailand ohnhin als Suppe gelten und auf vielen Speisekarten auch als solche gelistet sind.

Jeder Mitesser nimmt sich also nach und nach ein Löffelchen von Curry Nr. 1, ein Löffelchen vom gebratenen Gemüse, einen abgekochten Fischkopf, zwei Löffel von Curry Nr.2 und immer wieder Mal einen Löffel von der klaren Hühnersuppe. Und wieder von vorne.

Fusion auf thailändisch

Grüne Mango mit Salz und Chilli

Aber vielleicht rührt der Dinnergast auf seinem Teller auch einfach alles zusammen. Das würde die Schärfe des einen Gerichtes mit der Säure eines anderen ausbalancieren und entspräche so ganz dem thailändischen Ideal, möglichst viele Geschmacksnuancen in einer Mahlzeit zu vereinen.

Kein Wunder, dass Papaya-Salat, der zugleich sauer und scharf, süß und salzig, nussig und frisch schmecht, so wahnsinnig beliebt ist. Oder dass die Thai grüne Mango und Guave in ein Gemisch aus Zucker, Salz und Chilli dippen. Oder dass etwas wie das oder die “Luk Yee” hier als Delikatesse gilt: Das “Bonbon” wird zur Erfrischung oder Verdauung nach dem Hauptgang gereicht und bedient in den verschiedenen Phasen der Durchspeichelung ganz unvergleichlich komplett alle Geschmacksnerven auf der menschlichen Zunge.

Ein schönes Gleichnis für mein liebstes Land, denke ich, während ich mich wundere: Reichlich süß auf den ersten Biss, die ein oder andere saure oder bittere Note im weiteren Verlauf, ordentlich Salz in der Suppe und jederzeit unglaublich reich und intensiv. Thailand hat einfach allen etwas zu bieten. 😉

Großartiges Blog zu Thai Food:
http://www.shesimmers.com/

Umfassende Info hier (Bilder mit Quellenangabe “Wiki” stammen von dieser Website):
http://en.wikipedia.org/wiki/Thai_cuisine

One Comment

  • Jun

    Simönsche, es ist Zeit, dass du ein paar Artikel zusammenzimmerst und in die Welt verkaufst! Nach Wahlchaos und Flutkatastrophe bin ich sicher, dass das Thai-Fremdenbüro ein paar Bath für gute Promoartikel springen lassen würde.

Leave a Reply

Your email address will not be published.