Thailand

Von hellblauen Shirts und ganz realem Geisterglauben

Bunte Bänder als Glücksbringer

Es klopft an der Trennwand zur Rezeption. Immer wieder. Der Nachtdienst von “Guest Services” schreckt aus seinem Nachtlager im Hinterstübchen des Empfangs hoch. Doch draußen ist nichts. Ein Geist! Er ist sich sicher.

Genau wie der Buggy-Fahrer, der nachts nicht den Service-Weg Richtung Phranang Beach fährt. “Dort hat es ganz viele Geister rechts und links vom Weg”, sagt er und nimmt lieber einen Umweg in Kauf.

Viele Thai glauben fest an derartige paranormale Erscheinungen – ganz unabhängig davon, ob sie Buddhisten, Muslim oder Taoisten sind. Beredtes Zeugnis sind die unzähligen Geisterhäuschen im ganzen Land sowie vielerlei bunte Bänder, die man an Booten, Felsen oder mächtigen, alten Bäumen sieht.

Geisterhäuschen mit Personal und Buffet

Personal im Geisterhaus

Die Geisterhäuschen, die aussehen wie kleine Miniaturtempel, sind dem Erdgeist “Phra Phum” gewidmet. Beim Bau eines jeden Gebäudes wird der Geist quasi von seinem Land vertrieben und braucht somit eine neue Heimat. Diese erhält er nicht nur in Form eines kleinen Häuschens auf Stelzen, in der Regel bekommt er auch noch Personal in Form kleiner Figuren und natürlich tägliche Opfergaben – Speisen, Getränke, Blumengirlanden und Räucherstäbchen. Haus und Gaben sollten möglichst attraktiv sein, um den Geist gnädig zu stimmen und ihn zu motivieren, sein Ausweichquartier zu akzeptieren und nicht etwa in seine ursprüngliche Behausung zurückzukehren.

Einer der populärsten Haustempel Thailands ist vermutlich der Erawan-Schrein in Bangkok. Er steht vor dem Grand Hyatt Hotel, dessen Bau von einer geheimnisvollen Unfallserie begleitet wurde. Nachdem sie 1956 den Schrein errichteten, sei nie wieder etwas passiert, heißt es.

Krach vertreibt Geister und Holzpenisse machen fruchtbar

Kult um Fruchtbarkeit und Potenz

Im Inselleben spielt vor allem der Segen der Seegeister eine wichtige Rolle. Die Motoren der “Longtailboote” knattern wohl unter anderem deswegen so unerträglich laut, damit die bösen Geister vertrieben werden.

Auf der Phranang Peninsula bietet darüber hinaus die Princess Cave mit ihren sehr speziellen Opfergaben ein wunderschönes Beispiel für den Geisterglauben des Landes. Der Legende nach hat die indische Prinzessin Phra Nang bei einem Schiffbruch vor der Küste ihr Leben verloren und ihr Geist findet seither keine Ruhe. Um sie gnädig zu stimmen und auch um Segen für die Schifffahrt zu erbitten, haben Fischer und Bootsleute in der Höhle eine Opferstätte für sie eingerichtet.

Eine andere Version der Geschichte spricht davon, dass die Frau mit einem Fischer verheiratet war, der eines Tages nicht mehr von der See zurückkam. Bis zu ihrem Tode habe sie in der Höhle ausgeharrt und jeden Tag auf ihn gewartet.

Wann und warum der Kult um Fruchtbarkeit und Potenz an dieser Stelle entstand, ist nicht gewiss. Manche sahen die Höhlenöffnung wohl als symbolisches weibliches Geschlecht, das nach einem Counterpart verlangte. Und so kommen bis zum heutigen Tag neben den üblichen Opfergaben der lokalen Glücksritter Dutzende von farbenfrohen Holzpenissen in allen Größen an einen der schönsten Strände des Landes.

Magie durch Amulette, Blumengirlanden und Tätowierungen

Sak Yant: Spirituelles Tatoo

Magie oder der Glaube, dass Geister und Götter bestechlich sind, zeigt sich im thailändischen Alltag auch in Form von vielerlei Amuletten, Blumengirlanden oder Tätowierungen. Girlanden aus zwei kurzen Strängen von Jampee-Blüten etwa am Rückspiegel eines Autos (Gabe an die Göttin des Reisens) sowie diverse Bildnisse, Talismane, Königsportraits oder Figürchen von Buddha, Brahma oder anderen heiligen Männern auf Windschutzscheibe oder Armaturenbrett sollen eine sichere Fahrt garantieren. Wer schon einmal in einem Taxi in Bangkok gesessen hat, weiß das durchaus zu schätzen.

Tätowierungen mit spirituellem Hintergrund (“Sak Yant”) kommen aus Nord-Thailand, wo die Mönche aus alter Tradition und ausschließlich oberhalb der Gürtellinie eine Kombination von Khmer-Schriftzeichen und Symbolen in die Haut ritzen. Mittlerweile erfreuen sich die traditionell mit Bambus ausgeführten Tätowierungen auch bei Travellern großer Beliebtheit. Die Bedeutung und Segnungen, die mit den einzelnen Zeichen verbunden sind, gelten als sehr mächtig. Sie reichen vom Schutz gegen böse Geister über die Verbesserung der Umstände am Arbeitsplatz bis hin zur Macht, die eigenen Feinde zu besiegen.

Wochentage: An ihrer Farbe werdet Ihr sie erkennen

Prozession zu Ehren der Königin in hellblau

Die Farbe des T-Shirts indes sagt in Thailand nicht nur etwas über die politische Gesinnung aus. Wer die Königsfamilie ehrt oder einfach nur der Farbenlehre für die sieben Tage des thailändischen Buddhismus folgt, wechselt schon deswegen jeden Tag sein Hemd: So ist der Sonntag rot und der Montag gelb. Da König Bumiphol an einem Montag geboren ist, stellt gelb zugleich die Farbe des Königs dar. Königstreue tragen daher an Montagen tatsächlich gelbe Oberteile.

Die Farbe des Dienstags ist pink, Mittwoch ist grün, Donnerstag orange und Freitag blau. Entsprechend dem Geburtstag der Königin an einem Freitag symbolisiert diese Farbe zugleich Her Majesty Queen Sirikit. Der Samstag ist der Farbe schwarz oder lila zugeordnet. Das Tragen eines passenden Kleidungsstückes am entsprechenden Tag verheißt Glück.

Top 5 thailändischer Aberglaube

Eine Schlange kreuzte meinen Weg

Darüber hinaus gibt es natürlich lange Listen von Beispielen herkömmlichen Aberglaubens – manche ganz ähnlich wie in unseren Breitengraden: Juckende Handflächen etwa kündigen Geld an oder wer nießt, über den wird geredet. Etwas spezieller sind hingegen folgende durchaus lebendige Top 5 aus der Reihe von Geboten und Empfehlungen für den Alltag:

  • Finger- oder Fußnägel nicht abends oder in der Nacht schneiden. Das bringt Unglück oder man wird zu einem bösen Menschen.
  • Keinesfalls mittwochs zum Friseur gehen. Auch wenn die Barbiere an diesem Tag geöffnet haben, bieten sie oft nur Rasuren oder die in Asien so beliebte Ohrschmalzentfernung (sic!) als Service.
  • Wenn ein Jing-Jok (kleiner Gecko) beim Verlassen des Hauses ruft, sollte man seine Pläne verschieben. Es könnte Unheil folgen.
  • Kinder erhalten neben ihrem offiziellen Namen immer auch einen Spitznamen, die beide benutzt werden, um die Geister zu verwirren.
  • Und der All-time-favourite: Kreuzt eine Schlange den Weg einer Single-Frau, wird sie bald einen neuen Freund finden. Mädels – come over, we’re set!

 

More info
Legendäre Geschichte über die Penishöhle und eine Reihe von mysteriösen Ereignissen im Zusammenhang mit der Eröffnung “meines” Ressorts:
http://www.phuketmagazine.com/legend-of-phra-nang/
(Keine Gewähr für den Wahrheitsgehalt der Geschichte!!!)

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