In Transit

Verpeilt, aber erfolgreich – Simones lange Reise nach Tonsai Beach

Ich war ja wirklich schon in spartanisch moeblierten Absteigen, leicht ranziger Natur. Aber diese Holzhuette aka “Bungalow” mitten im Wald hat es direkt unter meine persoenlichen Top 5 geschafft. Aber der Reihe nach. Die gute Nachricht: “Jungle Hut” liegt in Tonsai Beach. Yeah! I finally made it! Nach vier Monaten sehnsuchtsvoller Erwartung endlich, endlich angekommen im Climbers Paradise. Aber irgendwie waren die letzten Kilometer dann doch nochmal recht beschwerlich…

Der Tag fing an mit dem Erste-Hilfe-Kurs, den GVI uns spendiert, damit wir im Klassenzimmer auch im Notfall alles im Griff haben. Noch vorher haette ich mit meiner Chore-Group eigentlich Fruehstueck machen sollen. Doch nach der kleinen Party zum erfolgreichen Abschluss der ersten Unterrichtswoche am Donnerstagabend war keiner wirklich hungrig und motiviert. Oke. Erste-Hilfe-Kurs. Stabile Seitenlage, Herzmassage, Mund-zu-Mund-Beatmung. Prima. Danke.

Der Plan: Mini-Van, Boot, Strand

13:15 Uhr nehme ich das Taxi zur “Junction” von Ao Luk, wo die Mini Vans nach Krabi abfahren. Erster Fehler: Ich steige in einen Mini-Van, der mich mitten in die Stadt bringt. Mist, wo ist jetzt nochmal der Pier? Aus Gruenden der Gepaeckminimierung reise ich derzeit ohne jeden Reisefuehrer. Warum auch? Ich weiss ja eh, was ich will. Und ausserdem kenn ich mich ja aus, ne? Mei Pen Rai. Alles kein Problem.

Leider reicht mein Thai noch nicht so weit, dass ich mich sinnvoll verstaendigen kann, und die hilfreichen Herren, die mich in Krabi an der Endhaltestelle des Mini-Vans in Empfang nehmen, sind mit ihrem Englisch auch noch nicht so weit. “Where is Krabi pier?” Keiner versteht mich. “Ao Nang, Ao Nang!” Ja, klar. Von da kommt man auch nach Tonsai, aber warum nicht von hier starten, ist doch viel direkter. Schoen ueber den Fluss schippern und dann raus aufs Meer und nach Tonsai. “Tonsai?” frage ich weiter. “Ao Nang, Ao Nang!”

Eia gut. A la hopp. Bin eh dizzy im Kopf von der Klimaanlage im Mini-Van und vielleicht doch noch slightly hangover? Dann halt Ao Nang. War ja auch das letzte Mal mein Take off. Die Fahrt von Ao Luk nach Krabi war 50 Baht fuer gut 45 Minuten. Mit dem Taxi jetzt fuer 40 (4, irgendwas mit 4?!) runter zum Strand scheint mir sinnvoll.
In Ao Nang stellt sich heraus, der Typ mit dem nuscheligen Englisch hatte 400 gemeint. Das war eigentlich das Geld, das ich fuer die zwei Uebernachtungen eingeplant hatte. Oh Mann, das laeuft ja rund…

Tonsai? Tonsai? Wanna go Tonsai!

Direkt am Strand liegen die Longtailboote. “Tonsai?” frage ich mal lose in die Runde. “Tonsai? No”, ist die Antwort. “Raylee, Raylee.” Ich nochmal, kann ja nicht so schwer sein. Komme mir schon vor wie ein Idiot. “No Tonsai. Raylee, Raylee. You can walk to Tonsai.” Jaaaaa. Ich weiss, dass ich das kann. Aber ich wollte es nicht! Direkte Auslieferung war geplant. Wie beim letzten Mal. Mini-Van – Boot – Aussteigen, 30 Schritte vom Boot zu dieser Bar, die direkt am ersten Fels und Kletterkumpel klarmachen. Sooo war das gedacht.

Also gut. Iss dann wohl so. Dafuer legen wir auch gleich ab. Geschwind die Schuhe aus, 100 Meter duch das pisswarme Wasser waten, Boot entern. Abfahrt. Vor lauter-lauter kann ich gar nicht wuerdigen, dass sie da ist – zu meinen Fuessen, vor meinen Augen: die Andamanen-See! Eines der schoensten Fleckchen auf diesem Erdball.
Wir schippern entlang der zerkluefteten Kueste. Ich versuche, irgendwie wach zu werden und anzukommen. Mhmmm. Sieht grooossartig aus, aber alles irgendwie nicht so richtig vertraut. Endlich steuern wir einen Strand an. What the heck?? Oke. Das kann nur Raylee East sein. Falsche Seite der Halbinsel. Egal. Muss ja nur am schmalen Ende der Landzunge kurz rueberqueren, bequem am Traumstrand von Raylee West entlangspazieren und dann ueber ein paar Felsbrocken rueberkraxeln nach Tonsai und: same setting – Bar direkt am Fels. Yeah.

Wo kommen jetzt eigentlich die Berge her?

Schoen, da gibts ja sogar Schilder. Und was die hier alles gebaut haben in den letzten sechs Jahren. Krass, krass, krass. Immer weiter in den Wald rein, an den Berg. Berg? Wieso gehts hier eigentlich bergauf? Sagmal, was ist das eigentlich heute??? Bin voellig ferngesteuert. Oke, es ist wirklich richtig heiss. Und ich hab immer noch Matschbirne. Mir daemmert, dass ich vermutlich das Pferd von hinten aufzaeume und ueber den Berg nach Tonsai komme. Waer ja auch zu einfach gewesen.

Es geht richtig bergauf. Und es ist wirklich richtig heiss. So Richtung 40 Grad gefuehlt. Und der Rucksack mit dem ganzen Climbing-Stuff ist auch nicht leichter geworden, seit ich ihn aus dem Boot gewuchtet habe..
Der Schweiss laeuft mir in Sturzbaechen a, ganzen Koerper runter (keine Uebertreibung), und ich schnaufe, als haette ich noch nie Sport gemacht, geschweige denn weite Teile eds Oktobers mit Trekking-Touren in Nord-Kalifornien verbracht. Dass diese huebsch anzuschauenden Kalk-Strukturen beim Fussmarsch ernstzunehmende Steigungen mit sich bringen, hatte ich gerade nicht auf dem Schirm. Gut, das Fixseil mittendrin ist vielleicht etwas uebertrieben. Obwohl als eine Bikini-Touristin sich auf dem Weg runter mit ihren niedlichen Flip-Flops erstmal richtig hinlegt, denke ich so bei mir, es wird schon seinen Sinn haben.

Zwei Kilo leichter und I dont know eine knappe Stunde spaeter bin ich endlich ueber den Berg und stelle mit Erstaunen fest, dass sie in Tonsai noch viel weiter ins Hinterland gebaut haben wie von der Raylee-Seite aus. Dutzende von einfachen Holzhuetten gnadenlos an die steilsten Haenge gepappt. Fuer einen Ueberlauf an Gaesten und fuer die besonders preisbewussten Backpacker gibt es fuer 150 Baht (etwa 4 Euro) auch einen Platz im Zelt.

Unfassbar viele Leute, unfassbar hohe Preise…

Ich schaue mir eine erste Huette fuer 450 Baht an. (450 Baht???!!! What happened?? “Peak season, peak season.”) Aber irgendwie ist das hier doch alles viel zu weit weg von der Bar mit den neuen Kletterkumpels. Ich ziehe weiter. Langsam wirds elend. Hab nix zu trinken. Dachte ja, es wird ein Spaziergang. Und fuer die kleine Kraxelei am Strand rueber nach Tonsai hat man besser die Haende frei. Dachte ich. Jetzt muss ich dringend die 1-2 Liter Fluessigkeit nachfuellen, die ich gerade am Berg gelassen habe.

Der Dschungel ist auch im weiteren Verlauf voller Bungalows, Restaurants und Bars. Irre. Vor sechs Jahren hatte Tonsai vielleicht 3 Bars am Strand und keine 6 Bungalow-Anlagen. 100 Meter weiter gibt es die “Backyard Bar”. Really nice place. Looks very mellow. Und die ueblichen Verdaechtigen sind natuerlich auch schon da: Laessige Dreadlock-Guys mit nackischem Oberkoerper und baggy Thai-Pants, baertige weiss-roetliche Englaender, aparte Schweden, Hippie-Girls aus Spanien und Israel und ne Menge Franzosen, dem Sound nach zu urteilen.

Ich trottele mit meiner eisgekuelten Cola weiter (geiles Getraenk eigentlich). Viele von den Bungalow-Anlagen sind schon ausgebucht, die Preise bewegen sich Richtung 500 und 800 Baht. Damned.
Dann Jungle Hut. 250! Well. Lets have a look the. Welchen Haken hat das Ding wohl? Gut, erst nochmal 300 Meter den Berg hoch bis zu “meiner” Huette. Kein Wunder, dass der Houeskeeper nicht mitkommen will. Macht nix, Berg hoch. Bin ja eh schon tropfnass.

Mega-basic, dodgy, aber cheap-cheap!

Sonst: Jou. Das “Bad” ist mega-basic und somewhat “dodgy”. Aber Ventilator vorhanden. Strom wohl nur von 1800 Uhr bis 600 Uhr. Eia. Pruefe sofort den wichtigsten Gegenstand im Raum: das Moskitonetz. Sieht brauchbar aus. Will nicht mehr weiter. Kann nicht mehr. Muss aufs Klo. Gut, dann bleibe ich wohl.

Es ist etwa als ich den Rucksack die Stufen ins “Zimmer” hieve und die Toilette benutzt habe, als mir auffaellt, dass die spartanische Einrichtung noch kaerglicher ist als gedacht. Es gibt kein Fenster, es fehlt das Waschbecken und es gibt keinen Muelleimer. Was bloed ist angesichts der Tatsache, dass man in Thailand den Popo entweder mit einer lustigen “Bum-Shower” abspritzt oder das Klopapier in den Muell wirft. Thailaendische Abflussrohre sind nicht gemacht fuer eruropaeischen Klopapierverbrauch. Schon gar nicht fuer den von weiblichen Europaeern. 😉

Ei jooooh. Waehrend ich mit meinem unglaublich langsam arbeitenden Gehirn zu ermitteln versuche, ob dies ein Shostopper ist, ergoetzen sich in weniger als fuenf Minuten mindestens 15 extra-graessliche Moskitos an mir. Es juuuuckt! They are all over me. Nasty little bastards.
Dont panic! Ganz ruhig bleiben. Mozzie-Repellent grosszuegig auf die feuchten bis tropfnassen Gliedmassen verteilen. Kleidung nicht vergessen. Interessiert die Biester null.

Willkommen in den Tropen

Egal, egal, egal. Ich bleib jetzt. Wat solls. Nur die Harten usw.  Schnappe Handtasche fuer Ueberlebenseinkaeufe: Mehr Mozzie-Repellent (great Thai-Stuff – es gibt neue Sorten!) und direkt mal ein Six-Pack Wasser.
So. Willkommen in den Tropen, Simone! Du hast es so gewollt!

Mehr oder weniger ziellos schlendere ich danach durch den Ort mitten im Wald, bewundere die bald 10 Kletterlaeden und Kletterschulen (“Rock-Shop”, “Basecamp”, etc.), tauche meine Fuesse am Strand ins Wasser und habe erste Gespraeche mit potenziellen Kletterkumpels. Ablauf etwa so. A: “Ich will klettern.” B: “Hast Du ein Seil?” A: “Nein, was too fucking heavy to bring.” B: “True. Ich hab auch keins, und die nehmen hier echt richtig viel Geld dafuer. 1000 Baht pro Tag. Aber fuer Dich als Maedel sollte es ja nicht zu schwer sein, jemanden mit Seil zu finden. Geh einfach morgen frueh an den Strand und warte was geht…”

Na fein. Immerhin habe ich 14 Exen dabei. Da hier gut gebolted ist und die Routen durchaus eine ordentliche Laenge haben, duerfte das auch eine ansehnliche Mitgift sein. Kletterer hier, Kletterer da, Kletterer ueberall. Hunderte. Ernsthaft. Ich gucke, ich lausche. Dann gerade auf dem Rueckweg zu Jungle Huts zwei Leutchens vor mir, biegen auch in Richtung meines unglaublichen Komfort-Homes ab. Sie sehen nicht wie ein Paerchen aus. Ich laber sie von hinten an.

Keep reading the signs!

Und: Bingo! Olaf aus Deutschland macht morgen Pausentag. Aber Kimberley aus Brisbane, Australia will gerne klettern. Sie hat ein Seil! Ich hab Exen! Sie steigt alles bis 6c vor! Ich sichere bis 11-! Ich liebe sie jetzt schon. Morgen, 8:30 Uhr Freedom Bar. Die am Strand, direkt an den Felsen. Jajaja.

And see again: Jungle Hut was good for something. Always keep reading the signs!

PS: Wer es bis hierher geschafft hat, bitte mal voten, ob sowas interessant ist oder einfach zu lang. Gerne im Kommentar oder per Mail. Thanx.

PPS: Pictures are coming. Hab das Netbook nicht mit und hocke im Internet-Cafe. Daher auch crap Rechtschreibung. Sry.

10 Comments

  • Rike & Lotte

    Ich find die Hütte prima und ein fenster gibt es doch auch.

    Und übrigens wir wollen noch merh von solchen texten. insbesondere die Unterrichtstaktik würde mich interessieren.

    So und jetzt hole ich die Thailanddias, damit Lotte endlich Ruhe gibt !!!!!

    GLG aus Mainz Rike

  • Rike & Lotte

    Ich habe es geschafft! Sie geht in den Keller!! 😀

    Wir denken ganz fest an Dich, sind unglaublich neidisch und wünschen Dir noch tausend Wochenenden wie dieses! Individuelle News gibt es in den nächsten Tagen! GlG, Lotte 🙂

    • Simone

      *lol Ihr seid großartig! Ich vermisse Euch. Würde saugerne hier mit Euch klettern… *schnüff
      @Rike: Von 7 Uhr bis 9 Uhr Diamond Cave und dann gemütlich frühstücken – das wär doch was, oder? 😉

  • SIMO

    Hi mein Suesse,
    konnte kaum von deinen Zeilen lassen…, mehr, mehr!
    Wo haengt die Haengematte?
    Badezimmer ist die Wucht!
    Beddi hoffentlich kuschelig und ohne Mitbewohner! Alles sieht nach Ko Lipeh aus…..alte Zeiten, Bilder, Momente kreisen in meinem Kopf!
    Genies’ die Zeit. Dein Mail wird beantwortet.

    Dicken Knutscha,
    SIMO

  • Jun

    Simmönschä, also wenn ich mich nicht täusche, könnte es sein, dass Klein-Jun damals genau in selbigem Etablissement genächtigt hat. Ist die Anlage ganz am Rand von Tonsai und hat deine Toilette kein richtiges Dach? Denn dem Hüttendesign zu urteilen war ich echt genau da! Wenn du machbare Überhänge in sicherer Höhe haben wills, geh zu “Duncans Keep” (Bilder davon in meinem Uraltblog “www.getjealous.com/haplo”)

    • Simone

      Heyho,
      ich war @Duncans Boot. Meinst Du das? War ganz cool, aber nur eine 6a. 🙁
      Hütte ist vom Strand aus kommend die “Straße” ganz links nach hinten gehen, dann right turn, der dritte Bungalow-Club auf der linken Seite. Danach kommen mittlerweile noch Dutzende weitere Anlagen und Restaurants… Crazy shit.

  • Suska

    ach wie schoen 🙂
    jetzt habe ich es einige Tage nicht hierher geschafft und kann jetzt sooo viel lesen!
    Mehr!!
    Ja, ganz toll!!!
    so, muss jetzt noch zu deinen anderen Beitraegen 🙂
    Wird ein laengeres Fruehstueck heute.
    Bussi

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