Thailand,  In Transit

Mit dem Songthaew durch Thailand

Präferierte Haltestelle in Krabi

“Ich kann Sie zur Bus-Station bringen.” Netter Mensch dieser Visa-Sachverständige aus der Personal-Abteilung meines künftigen Arbeitgebers. Automatisch läuft bei mir das Programm “Netter Mensch aus fremder Kultur + freundliches, unverfängliches Angebot = ‘Ja’ sagen” an. Es wird noch verstärkt durch das aktuelle Update “Selten so heiß wie heute + unbequeme Schuhe + Auto mit Klimaanlage”.

Dass der nette Mensch natürlich nicht zu “meiner” Bus-Station in Krabi fährt, sondern zum Busbahnhof außerhalb der Stadt finde ich bald heraus, kann es aber nicht abwenden, da immer noch das Programm “Netter Mensch + freundliches Angebot” läuft. Mittlerweile hat sich auch die Extension “Bloß nicht wie ein komplizierter, anstrengender Tourist wirken” zugeschaltet. Der nette Mensch ist bedauerlicherweise davon überzeugt, dass der Busbahnhof die bessere Variante für mich ist. Ich weiß es nach einem Dutzend Pendel-Einheiten von Krabi nach Ao Luk besser, aber à la hopp…

Weniger Luxus, aber Erlebnis pur zum gleichen Preis!

Songthaew in voller Pracht

Am Busbahnhof angekommen aktiviert sich bedauerlicherweise auch noch das Programm “Travel Flow”, und nach einem kurzen, aber herzlichen Abschied vom netten Menschen steige ich in das bereits wartende Pick-Up-Taxi (Songthaew) statt mich bis zum ungleich komfortableren Mini-Van zu gedulden. *seufz

In Afrika würden sie “Buschtaxi” heißen, anderswo “Sammeltaxi”: Die Songthaews – spezielle Pick-Up-Fahrzeuge mit zwei Sitzbänken und einem Dach, das vorwiegend vor Sonne schützt, weniger vor Regen. Wunderlicherweise kostet die Strecke nach Ao Luk im Songthaew genauso viel wie im klimatisierten Mini-Van.

Das Songthaew: Populär, volkstümlich, bodenständig

Volle Besetzung, hier: vorwiegend Fahrang

Und: Das populäre Open-Air-Taxi hält an jeder Mülltonne. Ein Fahrgast lässt das Taxi sogar mit dem Moped verfolgen und steigt dann um. Allerdings nicht in voller Fahrt. Das gibt’s nur bei James Bond. Mütter mit sabbernden Kindern, alte Männer mit Stöcken, Mönche, kurzum Menschen jeden Alters und jeder Provinienz mit allen nur vorstellbaren Gepäckstücken bevölkern die umgebaute Ladefläche des volkstümlichen Gefährts.

Früchte für den Markt werden hier transportiert, säckeweise Proviant für wen oder was auch immer, Pakete und zwischendurch immer wieder einmal Post: Menschen am Straßenrand halten das Songthaew an und geben dem Fahrer ihre Lieferung mit auf den Weg. Aus dem Taxifahrer wird ein Postbote. Aus den Taxigästen Hilfsboten.

Zur Mittagszeit auch Essenslieferungen für den Postboten

Bevorzugter Fahrer der GVI-Crew - zuverlässige Seele und Freund des Hauses

Weil jeder die Fahrer und ihre Vorlieben kennt, werden sie natürlich auch umgekehrt aufs Beste versorgt. Ein Wink genügt und zur Mittagszeit gibt es Curries oder Reisgerichte in den praktischen Take-Away-Plastiktüten, mit Gummiband luftdicht verschlossen, durch das offene Seitenfenster. Im Vorbeifahren an einem Wochenmarkt dann gerne auch noch einen Thai Eistee mit extra-süßer Kondensmilch. Yumm.

Ich bekomme Hunger und das Basisprogramm “Fahrang” meldet sich: Auf der Base wird meine Rückkehr sehnsüchtig erwartet, außerdem müssen vor 16 Uhr noch zwei Unterrichtsstunden vorbereitet werden. Vielleicht könnten wir dann jetzt doch…?

Endstation und nochmal umsteigen, bitte!

Beispiel für Fahrer, hier weiblich und muslimisch

Doch der ganz große Spaß beginnt erst am Ziel. Oder besser – sehr kurz vor dem Ziel. Statt an der zentralen Kreuzung von Ao Luk links abzubiegen und wie bei einer der klimatisierten Mini-Van-Fahrten direkt vor dem GVI-Haus zu halten, verkündet der Songthaew-Fahrer/Postbote/mittlerweile sicher auch hungrige Mann “Endstation”. Noch gut zwei Kilometer bis zu GVI. Nicht gerade der größte Spaß zur Mittagszeit in sengender Sonne.

Doch ‘Hurra’! Das nächste Songthaew wartet schon! Einfach umsteigen, mit den anderen Fahrgästen Richtung Laemsak tuckern und 5 Minuten später von der Ladefläche hüpfen. Bin eh schon spät dran für das WG-Lunch…

Einmal vor, einmal zurück, dreimal ums Eck…

Das Fahrzeug weist eine beachtliche Länge auf

Zunächst gilt es jedoch neue Dimensionen in der Songthaew-Nutzung zu erschließen. Fast schon klar ist, dass das Taxi nicht direkt losfährt. Auch noch nachvollziehbar ist, dass der Fahrer noch eine kleine Detour zum örtlichen Krankenhaus macht, um dort weitere Fahrgäste zu akquirieren. Relativ unklar bleibt, warum er danach wieder zurückfährt zum Ausgangspunkt und weitere 5-10 Minuten an der Starthaltestelle verweilt.

Wirklich spannend wird es allerdings, als der Taxifahrer endlichendlich (wieder) losfährt und links abbiegt Richtung Laemsak und GVI. Nach nur 100 Metern hält er wieder an. Nein, kein winkender Fahrgast am Straßenrand, der die paar Schritte bis zur Haltestelle nicht geschafft hätte.
Shopping. Es ist das einfache Grundbedürfnis des Mannes nach Shopping zur Mittagszeit.

Shopping ist ein Grundrecht des Mannes

Die Dame schweigt und genießt

Behende springt er über die 4-spurige Straße, ergattert einen Beutel voll Spengler-Zubehör (soweit ich das beurteilen kann) und fährt weiter. Naja, warum nicht. Lag ja auf dem Weg. Weitere – sagen wir – 300 Meter, und wir halten erneut. Dieses Mal läuft der Fahrer ein gutes Stück die Straße zurück, die wir gerade so mühsam langgefahren sind. Und bleibt verschollen.

Ich werde unruhig. Programm “Travel Flow” ist wohl defekt. Aber auch meine thailändischen Freunde beginnen eine rege Diskussion über Ziel und Sinn der Aktion. (Zumindest bilde ich mir das ein. :-))

Wie in diesem Backpacker-Film: Neue Freunde inklusive

Schbass im Songthaew, hier: Songkran

Das Songthaew ist mit 12 Passagieren recht voll besetzt. Als einziger Fahrang errege ich spätestens jetzt die Aufmerksamkeit der vor allem weiblichen und gelangweilten Fahrgäste. “Teeachaa? GVI?” Yess, yess, correct. Das übliche nette Geplänkel beginnt. Wie ebenfalls üblich rückt mir eine der Damen dabei dicht auf den Pelz. Viele Bewohner asiatischer Länder haben bekanntermaßen ein anderes Konzept von persönlichem Raum.

Gutwilliges Tätscheln, Scherzen in improvisierten Thai-Englisch-Dialogen und ein herzliches Lachen über die gemeinsame Zwangspause lassen die gut 15 Minuten fast wie im Flug vergehen. ^^
Der Fahrer kommt mit 3 Rohren zurück, die die Länge des Fahrzeugs bei weitem überragen und zu Füßen der Passagiere verstaut werden. Wo auch sonst? Da ich etwas langsam bin (Hitze, unerwartete Lösung der Packsituation), räumt meine Sitznachbarin dann gerne für mich meine Beine aus dem Weg.

Mit dem Songthaew durch Thailand: viele Freunde in kurzer Zeit, leider kein Roomservice, aber zweifellos jede Menge Fahrt fürs Geld!

 

 

One Comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.