Thai time im Jahr 2554
“Mai bpen rai” – “Macht nix!” und “Sakruu na kaa!” – “Moment, please!”: Thailändische Ausdrücke der Gelassenheit, die Menschen aus dem westlichen Kulturkreis gerne Mal an ihre Grenzen führen. “Thai time”, ist ein weiterer Klassiker in dieser Reihe. Eine Viertelstunde zu spät oder zu früh – irgendwann so um rum können wir uns treffen. Und wenn heute mal was nicht mehr klappt, dann halt morgen oder nächste Woche. Könnten die Thai spanisch, würden sie den Ausdruck “Manana, manana” sicher auch schätzen.
Vier Mal 2 Uhr pro Tag
Wenn ein Thai mal nicht zu einem Treffen kommt, kann dies aber auch daran liegen, dass man die Uhrzeit nicht hinreichend spezifiziert hat: Denn beispielsweise 2 Uhr gibt es in der thailändischen Zeitrechnung ganze vier Mal! Außer nachts und nachmittags wie im westlichen System sieht die traditionelle Zeitangabe in Thailand auch noch ein 2 Uhr am Morgen und ein 2 Uhr am Abend vor. Vereinfacht dargestellt wird der Tag hier durch 4 statt durch 2 geteilt.
Ein Meeting um 2 Uhr Thai time kann somit morgens 8 Uhr bedeuten, Frühnachmittag oder eben abends 8 Uhr. Sprachlich wird dies durch ein entsprechendes Zusatzwort ausgedrückt: “Moong” für die Stunden am Morgen (8 Uhr = 2 Moong Chaao oder “Soong Moong Chaao”), “Baai” und “Yen” für den Nachmittag (14 Uhr = Baai 2 Moong oder “Baai Soong Moong”) und dann die hübschen Ausdrücke für Abend und Nacht, “Thum” und “Dtii”.
“Thum” zeigt an, was die Stunde geschlagen hat
Das Wort “Thum” bildet dabei wunderbar lautmalerisch die (historischen) Stundenschläge des Nachtwächters auf eine große Trommel oder Pauke nach. 2 Thum oder “Soong Thum” bezeichnen die zweite Stunde nach Einbruch der Dunkelheit, also 20 Uhr unsere Zeit.
Beim Englischlernen verlangt dies von den Thai einen doppelten Transfer. Erst einmal ausrechnen, was die Zahl im westlichen System ist, dann übersetzen. Die lange Pause und die krause Stirn auf Seiten des thailändischen Gesprächspartners (oder Englisch-Schülers) bei einer simplen Frage nach der Uhrzeit lässt sich mit dieser Hintergrundinformation schon etwas leichter nachvollziehen.
Verwirrung komplett: Der lunasolare Kalender
Noch größer ist die Bedenkzeit bei der Frage nach dem Geburtsjahr. Das wirft selbst versiertere Englischsprecher unter den Thai aus der Bahn. Die Stirn in Falten, die Ohren am Wackeln, die Augen wandern hin und her, während im Kopf der Dreisatz verrechnet wird. 2554 ist es nach buddhistischer Zeitrechnung im Jahr 2011 nach Christi Geburt. Mein Geburtstag liegt demnach im Jahr 2516. Das muss man halt einmal ermitteln und sich dann am besten merken…
Kompliziert würde es natürlich, wenn man die Zeit vor der Angleichung der Kalender berücksichtigen müsste. Da buddhistische Kalender sich grundsätzlich nach Mondmonaten ausrichten, gibt es hier durchauch Verschiebungen. Außerdem würde das thailändische Neujahr, das in unserem April liegt, den Jahresbeginn immer um 4,5 Monate nach hinten verschieben. Diese Differenz ist aber ebenso wie die unterschiedliche Dauer der Monate seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert aufgehoben.
So in der Art wäre mein Geburtsdatum dann wohl auszusprechen (ohne Berücksichtigung der Töne!):
sip-hok gkanyaa soong-paan-haa-roi-sip-hok
Mehr Info:
http://de.wikipedia.org/wiki/Thail%C3%A4ndischer_Mondkalender
http://www.bernhardpeter.de/Kalender/seite210.htm