Nothing ever happened. Graffiti aus Rishikesh.
Indien

Der Tag, an dem ich Indien verließ

„Es regnet“, sagt Kush, der sonst ziemlich lässige Mitarbeiter der Hostel-Rezeption. Leerer Blick von meiner Seite. Die Information hat für mich keine Bedeutung. Klar. Es regnet. Ich bin in Neu Delhi und will mit dem Taxi zum Flughafen. Kein Problem, oder? Außer, dass alle, wirklich alle Taxi fahren, wenn es regnet in Delhi und ich jetzt eigentlich schon ein klitzekleines bisschen spät dran bin. Und dass in genau dieser Woche der ganze Corona-Wahnsinn losgebrochen ist. Was das alles für mich heißt, weiß ich in diesem Moment allerdings noch nicht.

Dabei hatte der Tag eigentlich ganz gut angefangen. Um 4 Uhr aufgestanden, letztes Frühstück in meiner Ferienwohnung in Rishikesh vorbereitet, Reiseproviant verpackt und das blaue 27-Kilo-Biest, mit dem Inlandsflüge in Indien unbezahlbar sind, die zwei Etagen nach unten gehievt.

Im Bollywood-Taxi

Mit dem Taxi unterwegs in Haridwar.5 Uhr. Das erste Taxi auf meiner langen Reise nach Vietnam zu einer Reiseleitung in den kommenden zwei Wochen steht schon auf dem Fahrweg. Sensationell! Der Fahrer hat eine leichte Fahne, die ich zu ignorieren versuche. Der Zug im 1 Stunde entfernten Haridwar geht laut Plan um 6:45 Uhr. Meine Handlungsmöglichkeiten sind überschaubar. Immerhin macht Kumar einen wachen Eindruck und die ohrenbetäubende Hindi-Mucke aus seinem Smart-Phone wird sicherlich jeden Anfall von Minutenschlaf verhindern.

Ich bin latent schlecht gelaunt. Oder vielleicht einfach nur müde und angespannt. Ein wenig Puffer ist eingeplant bei der jetzt anstehenden Serie Taxi – Zug – Riksha – Tageshotel in Delhi – Taxi – Flug über Nacht – Taxi – Tag mit diversen Meetings und sehr kurze Nacht in Hanoi – Reise-Bus Pickup – Begrüßung der Gäste für die Rundreise in Nordvietnam. Auch wieder um 6 Uhr morgens. Viel Puffer ist es nicht angesichts der Vielzahl der einzelnen Elemente. Und Reisen in Indien ist definitiv nervenschonender, wenn man keine Anschlusstermine hat.

Keine 500 Meter vom Hotel entfernt halten wir an und mein Chauffeur plaudert von Auto zu Auto mit einem Kumpel, der auch schon um diese Zeit unterwegs ist. Kaffeekränzchen um 5:05 Uhr. Ich atme ein und atme aus. Sitz spüren, Füße spüren, entspannen. Kennst ja die Routine, oder? Schätzelein?

Nach gefühlten 30 Minuten fahren wir weiter und ich fasse mir ein Herz und bitte um geringfügige Anpassung der Musiklautstärke im Auto. Immerhin telefoniert er nicht so viel wie andere Kollegen seiner Zunft in Indien und wir kommen tatsächlich pünktlich an.

Nackte Zehen und farbenfrohe Saris

Vorbei an vielerlei Schlaflagern rollere ich meinen begehbaren Kleiderschrank durch die Bahnhofshalle in Haridwar. Eine wunderbare Übung für die Hand-Augenkoordination und das Aufwärmen speziell der rechten Schulter, schlenkert mein Gepäck doch recht ordentlich im jetzt eingeschlagenen Zickzack-Kurs vorbei an nackten Zehen, farbenfrohen Saris und herausragenden Ellbogen.

Stark konzentriert auf die Wegfindung im menschlichen Hindernis-Parcours höre ich nur mit halbem Ohr die Lautsprecherdurchsage. „Der Zug xyz nach Neu Delhi kommt heute mit 3 Stunden Verspätung auf Gleis 1.“ Whaaaattt?!? Hektisch krame ich meine Reservierung aus dem Handgepäck und starre mit aller Konzentration, die mir jetzt schon zur Verfügung steht, auf die große Anzeigetafel über den bald 50 Menschen im Bahnhofseingang. Was ist nochmal meine Zugnummer? Welches Gleis?

Ah, da! Gottseidank! Anderer Zug. Meiner ist weiterhin mit ganz regulären Zeiten angekündigt. Gleis gefunden, sieht gut aus. Ziemlich viele Leute auch auf dem Gleis. Hunderte, um genau zu sein. Manche Gruppen frühstücken Curry und Roti am Boden sitzend. Andere holen sich Chai am Bahnhofskiosk. Ein paar Bettler. Wo genau muss ich jetzt hin? Die Züge sind lang. Gibt es auf Hindi ein Wort für „Wagenstandsanzeiger“?  Wo ist denn die Tafel mit dem Pöppel, der mir sagt „Sie sind hier“?

Irgendwie kriege ich mich orientiert und platziere mich in der Nähe des angenommenen Haltepunktes unter den letzten Metern der Bahnsteigüberdachung. Es nieselt. Noch knapp 30 Minuten. Alles gut. Es gibt kostenloses WiFi.

Nordindien aus dem Zugfenster

Mit dem Taxi unterwegs in Haridwar.
Der Zug kommt fast pünktlich. Ich finde das Abteil und einen Platz für das blaue Monster. Mutter und Tochter gesellen sich zu mir in die 6er-Sitzgruppe. Sie fahren zurück nach Agra, hatten Familie in der heiligen Stadt Haridwar am Ganges besucht. Die Tochter spricht ganz gut englisch, interessiert sich aber nicht wirklich. Die Mutter rollt sich gleich auf der Bank gegenüber in ihre Schals und setzt das Nickerchen fort. Die Abfahrt lässt auf sich warten. Aber eine gute Stunde später geht es los. Warum? Keine Ahnung.

Ein paar Bücher und Reiseinfos zu Vietnam werden mir die Zeit auf der 5-stündigen Fahrt vertreiben. Es heißt wieder einmal umschalten. Von Indien nach Vietnam. Zurück ins geliebte Südostasien, aber die Variante mit chinesischem Flavour. Im Durchschnitt alle 4-6 Wochen wechsle ich diese Saison mein Bett, mein Quartier, mein Land und meine Kultur. Es braucht immer ein wenig. Mentale Vorbereitung durch Eintauchen in das nächste Projekt hilft.

Der Zug ist noch recht frisch, die Toiletten also noch gut brauchbar und die Gänge nicht völlig zugemüllt – so wie auf meiner Anreise knapp 4 Wochen vorher. Müsli aus der Blechdose und ein allerletztes aufgespartes Stück Linzer Torte von meiner österreichischen Freundin, bei der ich in Rishikesh immer wohne, versüßen definitiv die ersten Stunden. Vor dem Zugfenster ziehen Dörfer und Slums vorbei, spielende Kinder, viel Müll, Rinder und Felder.

“Grab” your ride

Screen der Grab-App.Doch wann sind wir endlich da? 12:30 Uhr. Schon 45 Minuten nach der geplanten Ankunftszeit. Es gibt keine Ansagen im Zug. Wegen der verspäteten Abreise habe ich kein Gefühl für Distanzen. Google Maps versagt. Ich werde etwas unruhig und baue mich im Gang auf. Das blaue Biest im Anschlag. Small-Talk mit einem anderen Fahrgast. Achso. Nein, das ist noch lange nicht Delhi. Mindestens noch eine Stunde. Pfff.

Ich roller wieder zurück. Die Tochter schaut mich an und sagt: „Ich wusste, dass das noch nicht Dein Ausstieg ist, aber ich wollte mich nicht einmischen.“ Ich bin verwirrt und sprachlos. Sich nicht einmischen?!? Die Reaktion scheint mir ganz und gar un-indisch.

Bei Ankunft am Bahnhof Delhi-Nizamuddin, die ich tatsächlich nicht verpasse, werde ich jedenfalls sofort von einem halben Dutzend sich einmischender Gepäckträger und Rikschafahrer belagert. Trage den Rollkoffer dennoch störrisch alleine und bestehe außerdem auf Nichtverhandeln durch Nutzung einer Taxi-App. Immerhin müssen die letzten Rupien noch bis zum Flughafen reichen. Ist alles genau ausgerechnet. Ha!

Bahnhofsvorplatz hat zum Glück immer noch WiFi. Und schon beim zweiten Versuch findet mich denn auch mein mit Grab georderter Fahrer. Man muss halt wissen, wie man den Abholpunkt frei definiert auf der Karte…

Meine WG in Neu Delhi

Abend im Hostel in Neu Delhi.Delhi mit der Rikscha ist nix für Unausgeschlafene. Aber am Ende der Rundfahrt durch die luftverschmutzte Mega-City erwartet mich das gemütliche Doppel-Stock-Bettchen meines indischen Hipster-Hostels von der Herfahrt. Yeah! Finde es ziemlich schlau, nicht direkt zum Flughafen zu fahren, um dort 12 Stunden rumzusitzen, sondern für kleines Geld eine Bleibe für den Tag zu haben.

Im „A sleepy Fox“ logieren junge indische Geschäftsreisende und ein paar ausländische Studentinnen – eine Italienerin, die internationalen Business und Sprachen als Fächer hat und eine Türkin, die klassischen indischen Tanz trainiert. Viele bleiben hier für Monate am Stück. Hostelküche und Wohnraum stehen zur gemeinschaftlichen Nutzung zur Verfügung. WG-Atmosphäre. Es gibt viele gute Infos. Plus es ist billig und sauber, inklusive funktionierenden Badezimmern nach westlichem Standard. Eine seltene Kombination in der indischen Hauptstadt.

Ich freue mich, Kush wiederzusehen. Der Rezeptionist und Mann für alles besteht auf Check-in, obwohl ich nur gute 6 Stunden bleiben werde. Na gut. Wir plaudern. Mittagessen, Nickerchen, bissel Lesen. Die Zeit vergeht schnell. „21 Uhr Abfahrt reicht“, sagen am Nachmittag alle meine fachkundigen Berater in der Wohnstube. Gut, sie kennen die Gegend, reisen selbst viel. Mein Flug ist kurz vor Mitternacht. Die Fahrt zu Terminal 3 des Flughafens dauert eigentlich nur 30 Minuten. Doch dann regnet es. Und Corona ist auf dem Vormarsch.

Und dann regnet es endlich

Delhi bei schönem Wetter.„Ruf Dir besser gleichmal Dein Taxi“, sagt Kush, als ich um 20:30 Uhr noch etwas schlaftrunken in den Gemeinschaftsraum stolpere. Warum das denn jetzt? Letztes Mal hat das Taxi genau 5 Minuten gebraucht, und ich muss doch noch mein Gepäck sortieren und nach unten bringen. Was ich dann auch unter den hochgezogenen Augenbrauen von Kush mache. Heute ist anscheinend mein „Ich bin weitgereist und weiß es besser“-Tag.

Gemütlich lasse ich mich danach neben ihm aufs Sofa fallen und starte die bewährte Grab-Taxi-App. Zieleingabe Flughafen, Abholungsort Kailash Colony. Das Rädchen fängt an sich zu drehen und will gar nicht mehr aufhören. Keiner der Taxifahrer nimmt meinen Call an. Nach 15 Minuten wende ich mich fragend an Kush. Ja, sagt er. Es regnet. Da fahren alle Taxi. Achso.

Er schaltet sich mit ein und ordert selbst einen Fahrer. Er hat mehr Glück. Doch nach der ersten Zusage ruft der Fahrer an. „Zum Flughafen?“ fragt er ganz hektisch. Wer ist denn der Gast? Und wo genau am Flughafen muss sie hin? Der gute Mann hat Panik, sich schon durch das bloße Abliefern eines Gastes im Abflugbereich den schlimmen Virus einzufangen. Kush kann ihn beruhigen. Er kommt. Aber es dauert.

Die Zeit wird knapp

Nun ist es schon 21:15 Uhr, als ich endlich ins Auto steige. Was für ein seltsamer Tag. Der Abschied im Hostel fällt irgendwie kurz aus und hektisch. Nächste Aufgabe besteht darin, den Fahrer, der ängstlich mit Mundschutz im Wagen sitzt, zu beruhigen. Ich war in keinem betroffenen Land in den vergangenen 4 Monaten. Ich komme nicht aus Europa. Alles ist gut.

Es ist der 5. März, die (gemeldeten) Fälle in der Heimat sind deutlich höher als irgendwo in Asien. Sein Englisch ist nicht gut. Er versucht mir zu erklären, wie wahnsinnig gefährlich das Virus ist. Anscheinend ist die Berichterstattung in den Medien, die er verfolgt, entsprechend. Aber nach den Beteuerungen zu meiner eigenen Unbedenklichkeit scheint er etwas ruhiger zu werden.

Zwei Pässe ist scheints einer zuviel…

15 Minuten später durchfährt mich ein Gedankenblitz. Durch Mark und Bein geht die Erkenntnis, dass ich meinen Pass nicht bei mir habe. Es ist einer dieser Momente von absoluter Klarheit, wo man eigentlich nicht mehr nachschauen muss, es aber trotzdem macht. Hektisch gehe ich durch alle Handgepäckstücke. Mein neuer Pass ist da, aber der alte mit dem noch gültigen 4-Jahres-Visum für Indien, muss noch an der Rezeption im Hostel liegen. Für die Ausreise wäre der durchaus essenziell.

Wieder verfluche ich mich, dass ich in diesem Monat keine indische SIM-Karte gekauft habe. Auch noch für ein paar andere Sachen. Aber hauptsächlich dafür. Vielleicht ist es ein Zeichen. Ein Zeichen! Ich soll in Indien bleiben. Denn noch einmal hin und her zu fahren, würde es wirklich sehr knapp werden lassen. Ich bitte meinen Fahrer anzuhalten und versuche ihm zu erklären, dass wir jetzt mit seinem Telefon im Hostel anrufen müssen, um die Situation zu klären.

Es ist ein sehr indischer Moment. Hilfsbereitschaft und Herzensgüte übersteigen sofort die Sorgen des Mannes. Ich krame die Telefonnummer der Rezeption heraus und bekomme Kush zum Glück gleich an den Apparat. Ja, mein Pass liegt tatsächlich noch auf dem Tresen vom Check-in ein paar Stunden vorher. Er will ihn mir bringen, wir sollen warten. Ich reiche das Telefon an den Fahrer zurück und lasse ihn erklären, wo wir sind. 15 bange Minuten beginnen. Kommt er wirklich? Findet er uns? Wie kann ich ihn jetzt noch erreichen, wenn nicht? Was sind meine Alternativen? Nervöser Small-Talk mit dem Fahrer. Ich steige aus. Will, dass Kush uns gleich sieht. Aber es regnet. Ich steige wieder ein.

Das freundlichste Hostel Neu Delhis

Da hält ein anderes Auto neben uns. Kush sitzt auf dem Beifahrersitz. Fenster werden heruntergekurbelt. Er grinst mich fett an und reicht den Pass über die Lücke zwischen den Autos und winkt. Komme mir vor wie ein Drogendealer oder Schmuggler. Weiß aber insgesamt eh nicht, wie ich mich fühlen soll. Überwältigt von Erleichterung und Dankbarkeit, wieder einmal unendlich beeindruckt von der unkomplizierten Handlungsfähigkeit meiner asiatischen Freunde und einem ordentlichen schlechten Gewissen, dass ich solche Umstände bereitet habe.

Eine fette Lobeshymne in der booking.com-Review und dieser Text müssen wohl reichen.
(Hier der Link zum freundlichsten Hostel Delhis: www.booking.com/hotel/in/a-sleepy-fox.html)

Fenster wieder runter. Pass ans schnell klopfende Herzilein gedrückt. Und jetzt aber los! Ist schon 21:40 Uhr und immer noch fast ne halbe Stunde Fahrt. Es regnet halt. Abflug war um 23:50 Uhr. Der Fahrer gibt alles im dichten Regen auf den 6-spurigen Ausfallstraßen von Delhi und gute 90 Minuten vor Take Off meines internationalen Fluges stolpere ich in die Halle mit den Check-in Schaltern. Der Fahrer kriegt ein dickes Trinkgeld und all meine Segenswünsche. Mögen er und seine Familie gesund bleiben!

“Wir haben kein Gepäck unter ihrem Namen”

VietJet Air. Da sind auch gleich die Schalter. Alle leer. Sehr gut! Der Flug gebucht von meinem Reiseveranstalter. Schließlich ist das mein Weg zur Arbeit. Doch irgendwas ist schief gelaufen. Jedenfalls winkt mich die Dame am regulären Check-in gleich weiter zu den Spezialfällen nebenan. Ein indischer Gast vor mir führt ewige Diskussionen mit den beiden Frauen. Jetzt werde ich aber WIRKLICH nervös. Endlich komme ich dran.

„Wir haben kein Gepäck unter Ihrem Namen“, sagt die freundliche Dame, als sie sich mir endlich zuwendet. Was meint sie mit „kein Gepäck“? Wir hatten im Vorfeld Diskussionen, weil ich statt der üblichen 20 Kilo ein paar mehr brauche. Ist das nicht angekommen? „Nein, sagt sie. Sie haben gar kein Gepäck in ihrem Ticket gebucht. Nur Handgepäck.“ Tiefer Seufzer. Es ist wieder eine Situation, in der man gerne ein klein wenig mehr Zeit hätte.

Ein Anruf in München und langwierige Klärungen kommen nun leider nicht in Frage. Ist auch schon Abend dort. Und die Uhr tickt. Jetzt heißt es erstmal, auf den Flieger raufzukommen. In 30 Stunden erwartet mich eine Reisegruppe am Flughafen in Hanoi. Alles weitere müssen wir also im Nachgang klären. Mein Adrenalinspiegel ist dank der Pass-Affäre immer noch ziemlich hoch. Das Nervensystem in voller Alarmbereitschaft.

Das Wunder am Geldautomaten

Ich lasse mir den Befund dennoch Schritt für Schritt erklären und dokumentiere ihre Sicht der Dinge über Fotos mit dem Smartphone. Hätte ja gerne die 100 Euro, die ich jetzt vorstrecken muss, wieder zurück. Nein, Zahlung mit Karte geht nicht. Nur Bares. Und zwar Rupien. Mein Herz setzt nochmal einen Schlag aus in dem Wissen, dass Geldbeschaffung an indischen Automaten immer Glückssache ist. Aber alles innere Toben hilft nix. Jetzt gilt nur noch Stückzahl!

Leicht beschleunigt bewege ich mich zum nächsten Automaten, und das Wunder geschieht: Er gibt mir gleich Geld! 7 Euro Gebühren, aber nochmal – alles was jetzt zählt, ist auf den Flieger zu kommen! Wird sonst noch viel viel viel teurer.

In der Fußnote sei noch zu verzeichnen, dass meine Quote für erfolgreiches Geldabheben in Indien bei bestenfalls 33% liegt. Beim davorliegenden Versuch in Rishikesh hat ein neu eingeführter Sicherheitscheck meiner Kreditkarten-Company die Auszahlung schlicht verweigert, und ich musste die Karte über Telefonate mit Deutschland erst für hiesige Verhältnisse freischalten lassen! Allerdings nur für ein paar Stunden, um ja alles weiter schön sicher zu haben.

Und immer schön weiteratmen

Mit schwitzenden Händen bringe ich das Geld zurück zum Schalter. Die Frau ist zwischenzeitlich verschwunden. In mir will irgendetwas unfreundlich werden. Im westlichen Kulturkreis führt Stress gerne zu expressivem Ärger. Das kenne ich auch von der empfangenden Seite. Atmen, atmen, atmen. Füße spüren. Hilft ja alles nix.

Da ist sie wieder. Sie nimmt das Geld, malt die Quittung – ich schwöre! – und versichert mir, es sei überhaupt kein Problem, den Flug noch zu erreichen. Ist ja immer noch 60 Minuten bis zum Abflug. Und das Gate schließt doch auch erst 45 Minuten vorher. Ich habe Zweifel. Berechtigt will ich meinen. Indira Gandhi International Airport in Delhi ist jetzt nicht gerade klein. Erleichtert um das blaue Biest nehme ich die Beine in die Hand und renne zum Stempelschalter.

Mit meinen zwei Pässen – dem gültigen neuen und dem abgelaufenen alten, der ja aber das Visum hat – halte ich auch hier immer gerne die Luft an. Aber beim Ausreisen sind wir heute mal nicht so. Bye bye Mama India!

Heute mal Expressgut in der Schlange

Die Schlange bei den Handgepäck-Durchleuchtern ist lang. Definitiv zu lang für nur noch 10 Minuten bis zum Last Call. Ich drängele mich durch, werfe meine Geschichte in die Runde, während ich an den etwa 70 Wartenden vorbei ganz nach vorne gehe. Alle sind nett, haben Verständnis.

Und los geht die Lieblings-Routine. Laptop, Smartphone, Ebook-Reader in das erste Tray, „Kulturbeutel“ in der Ziplockbag in das zweite, Jacken, Gürtel, Rucksack in ein drittes. Schuhe? Ja, Schuhe in Nummer 4. Alles sicher, alles safe. Gut. Hintenraus alles wieder anziehen, umbinden, einpacken.

Es ist 45 Minuten vor Abflug. Mein Gate hat natürlich die allerletzte Nummer in einer sehr, sehr langen Reihe. Mein Körper will nicht mehr rennen und erinnert mich leicht vorwurfsvoll an das bisherige Programm des Tages. Immerhin ist das derselbe Tag, an dem wir morgens um 4 Uhr in Rishikesh aufgestanden sind und die lustige Fahrt im Bollywood-Taxi hatten.

Die Luft ist trocken und schlecht, aber irgendwie erreicht man ja dann doch immer das Ziel. Alles gut. Das Gate ist noch offen. Ich kann gleich durchlaufen und falle nassgeschwitzt in meinen Sitz im Flieger. Halleluja! Mama Indien hat mich nun doch ausgespuckt!

Und schon bin ich in Vietnam!

Der 4-stündige Direktflug nach Vietnam ist nicht lange genug für guten Schlaf. Aber immerhin stört einen keiner mit Essen oder Trinken bei der Discount-Airline. Morgens um 5:15 Uhr lande ich in Hanoi. Fühle mich seltsam verstrahlt und gratuliere mir dazu, dass ich mir eine Abholung durch das Hotel gegönnt habe.

Einreise ist etwas langwierig mit fehlendem Personal am Visa-Schalter um 5:30 Uhr Ortszeit in Hanoi. Aber irgendwann bin ich auch hier durch und falle in die freundlichen Arme des Mannes, der meinen Namen auf seinem Schild trägt. Natürlich nicht wirklich. Aber im übertragenen Sinne. WhatsApp-Messages ploppen in mein Telefon. Die frisch erworbene vietnamesische SIM-Karte funktioniert direkt. Mein Hotel-Manager erwartet mich schon, sagt er mit vielen Emoticons im Text. Ich liebe Asien.

Es ist diesig in Hanoi. Die Luft nur unwesentlich besser als in Delhi. Aber es ist Südostasien. Ich lächle selig und lasse mich fallen in den vertrauten Puls Indochinas. Das nächste Abenteuer kann kommen.


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