Vogelhäuschen im Fichtenwald hinter Bad Orb.
Spessartbogen

Spessartbogen 3. Etappe: Duftreise mit Steigung

Die 3. Etappe auf dem Spessartbogen ist für viele Wanderer die schönste auf der gesamten Tour. In unserem Testlauf von Bad Orb nach Marjoß war es zwar keine Liebe auf den ersten Blick, aber eine wunderbare Duftreise mit vielen Highlights.

Was es mit der Liebe etwas schwieriger machen könnte, sind die drei durchaus nennenswerten Steigungen, die der gemeine Spessartliebhaber in dieser Form nicht unbedingt erwartet. Schluss mit dem Mittelgebirgs-Schlendern! Jetzt wird gestiegen.

Direkt aus der Kurstadt

Spessartbogen, 3. Etappe: Blick zurück nach Bad Orb.Gleich die ersten 500 Meter der rund 21 Kilometer langen Etappe führen uns auf der Direttissima aus Bad Orb heraus Richtung Wintersberg. 100 Höhenmeter sagt mein Messgerät, als wir mit qualmenden Waden kurz stehenbleiben, um den Blick zurück auf die Kurstadt zu würdigen. Ein echter Kaltstart, wäre es nicht schon so heiß…

Doch schnell geht es in den frischen Wald oberhalb des Städtchens und über schmale Pfade zu einem kleinen Sandsteinbruch umrahmt von der Art Mischwald, die wir auch aus den Wäldern im Kinzigtal  kennen.

Stolze Fichten in Reih und Glied

Kleine Detour mit fast alpinem Blick auf ein Futterhäuschen.Ein paar Schafe weiter wandelt sich die Szenerie jedoch gewaltig: Stolz recken sich die Fichten zu Tausenden gen Himmel. Die Steilhänge unter der monotonen Holzplantage sind fast völlig frei von Bewuchs. So sehr schauen wir hinter den kahlen Säulen her nach oben, dass wir wieder einmal einen Abzweig verpassen. Es wäre ein Spessartbogen-typischer Pfad durchs grüne Gras gewesen. Nicht unbedingt als Weg erkennbar.

Der Irrtum verschafft uns nicht nur einen knappen Kilometer mehr, sondern auch die Begegnung mit einer geradezu alpin anmutenden Hüttenstruktur im leuchtenden Gegenlicht. Frohgemut drehen wir an einer Spitzkehre um und erreichen mit leichter Verspätung den bei Anglern beliebten Haselweiher.

Idyllischer Haselgrund

Malerischer Haselgrund bei Bad Orb.Von hier geht es immer weiter an der gemütlichen Hasel entlang bis zu ihrer Quelle. Ähnlich wie im Näßlichgrund in Horbach lockt auch der idyllische Haselgrund viele Spaziergänger, Wanderer und Radler an – selbst am hellichten Donnerstag!

An der Heinrich Storck-Anlage kühle ich schonmal meine Arme im Kneipp-Becken. Zum Schuhe Ausziehen ist es definitiv noch zu früh. Wer die Tour anders herum geht, kann an dieser Stelle allerdings bereits gemütlich abdampfen.

Vergnüglich auch die Begegnung mit einer Herde Ziegen und einer wunderbar gezeichneten Kreuzspinne. Die Foto-Begeisterung bricht sich wieder einmal Bahn (siehe Fotogalerie weiter unten). Kein Zweifel: Das liebliche Tal an der Hasel ist eine Serie von Glücksmomenten!

Steigung Nummer 2

Jagdhaus Haselruhe direkt an der Haselquelle.Das Jagdhaus “Haselruhe” an der Haselquelle bietet heute – wie an allen Tagen außer montags und dienstags – ab 11 Uhr einen gutbürgerlichen Mittagstisch, danach Kaffee und Kuchen und Abendessen bis 20:30 Uhr.  Wir lassen das gut besuchte Restaurant rechts liegen und rüsten uns für die zweite Steigung des Tages.

135 Höhenmeter auf rund 1 Kilometer misst meine App. Bergab kennen wir die Stelle schon. Bei fast 30 Grad Celsius erscheint die Strecke in umgekehrter Richtung eigentümlich lange. Gut, dass wir im Wald sind. Dass der Wald im Besonderen und Allgemeinen eine kühlende Wirkung hat und deswegen eine wichtige Rolle im Klimasystem spielt, wird auf diesen Metern ganz unmittelbar deutlich.

Libellen, Bremsen und andere Fliegtiere

Rinne aus Zapfen mitten im Wald.Auf der Höhe angelangt können wir auf breiten Forststraßen so lange die Beine ausschütteln, dass es fast schon wieder langweilig wird. Kaum den Gedanken ausgesprochen, biegt der Spessartbogen linkerhand in einen kleinen Hohlweg ab und führt uns über federnden Nadelboden zum versteckten Sölchesweiher. Der perfekte Platz, um mit einer Handvoll Libellen die Mittagspause zu genießen.

Noch mehr Nadelgehölz und gerade Straßen bringen uns zur Landstraße Richtung Alsberg und Mernes. Allein die Bremsen und eine Reihe anderer sommerlicher Fliegtiere sind auf diesem stillen Abschnitt unsere Begleiter. Und der würzige Duft des Waldes: Die Wärme macht das Aroma von Nadeln, Zapfen und Holz noch intensiver.

Spassarträuber-Examen

Spessarträuber-Hütte auf dem Weg nach Mernes.Richtung Mernes geht es wieder hinunter ins Tal, vorbei an der “Spessarträuber”-Hütte. Was hat es wohl auf sich mit der überdimensionierten Zwille, dem hölzernen Schwein und einer Vorrichtung zum Holzsägen mitten im Wald?

Ein wenig Recherche offenbart, dass man an diesem Platz das „Spessarträuber-Examen“ ablegen kann. Ein Gasthaus im Spessart-Ort Mernes mit dem Namen “Zum Jossatal” bietet hier ein Räuber-Trainingsprogramm mit Holzsägen- und stapeln, Schleuderschießen und anderen interessanten Disziplinen an. Den Bildern nach zu urteilen ein spaßiges Event für Gruppen. Vermutlich nichts für Vegetarier. 😉

Wanderstempel für den Pilgerpass

Brunnen und Stempelkästchen am Ortseingang Mernes.Aus der Stille des Waldes führt der Spessartbogen hinaus in die Weite vor Mernes. Durch ein Obstgarten-Spalier windet sich der Weg in den Ort hinein. Wer einen Pilgerpass vermisst: An der ersten scharfen Biegung versteckt sich in einem kleinen hölzernen Briefkasten am Dorfbrunnen ein Wanderstempel für Sammler!

(Danke an meine ortskundige Freundin für diesen Geheimtipp!)

Mernes präsentiert sich überraschend groß, aber doch sehr verschlafen, zumindest was die Versorgungslage betrifft. Kein Ausschank und kein Kiosk weit und breit, der den Durst nach kühler Apfelschorle stillen könnte. Das erste Haus am Platze, die Spessarträuber-Gaststätte “Zum Jossatal” öffnet nur am Wochenende bereits am Mittag. Mittwoch bis Freitag geht es hier um 17 Uhr los.

3. Steigung auf der 3. Etappe

Mühlrad der historischen Kröckelsmühle in Mernes.Vorbei an einem gut erhaltenen Mühlrad und einigen historischen Bauernhäusern leitet uns der Weg hinaus aus dem Ort und in Richtung der dritten kernigen Steigung des Tages: Hoch auf den Stacken sind es über 150 Höhenmeter auf gut 1.5 Kilometer. Schön in der Sonne. Aber hübsch mit Obstgärten und den ersten Tannenkulturen am Rande.

Die Weihnachtsbaum-Plantagen begleiten von nun an bis Marjoß immer wieder. Bei so vielen Pflanzen erwartet man jeden Augenblick, dass ein Rentier oder Santa Claus hinter dem dichten Nadelgrün hervorspringt. Beide wären jetzt allerdings deutlich aus der Zeit gefallen.

Heidelandschaft und Blick in die Rhön

Schild mit allen Kuppen am Aussichtspunkt Stackenberg.Auf der Kuppe des 465 Meter hohen Stackenberges wartet eine schöne Überraschung auf die ortsfremde Wandersfrau: Sandige Böden haben hier eine ausgedehnte Heidelandschaft entstehen lassen. Heidekraut und Wacholder verzieren die Höhe mit einem famosen Fernblick, der bis in die Rhön reicht.

Ein Schild an der etwas abseits gelegenen “Bürgermeister Kröckel”-Hütte hilft, die geschwungenen Hügel in der Ferne zu identifizieren. Einer davon ist die 950 Meter hohe Wasserkuppe, der höchste Berg der hessischen Rhön. Wir genießen eine ausgiebige Rast im kühlenden Schatten der Hütte, bevor wir uns auf die letzten 6 Kilometer des Tages begeben.

Weihnachten rund um Marjoß

Beeren und Blumen im sommerlichen Abendlicht.Steil geht es hinunter Richtung Marj0ß, doch werden die Wanderer zunächst großräumig um den Ort herumgeführt. Vorbei an einer ganzen Reihe weiterer Weihnachtsbaumplantagen, am Waldrand entlang über die Wiesen mit schönem Blick auf den Ort und wieder hinauf in den Wald.

Warum das Zick-Zack fragt sich die Kartenbesitzerin mit Blick auf das Wegemuster in der Landschaft und findet die Antwort im Storkelsgrund, der die Etappe in einer wunderbaren Wald-Idylle beendet. Auch hier umflort uns wieder intensiver Waldesduft, während wir die Geschichte des Ortes beschrieben auf einer Tafel auf uns wirken lassen.

Vom Säuhirt im Storkelsgrund

Sitzbank im Storkelsgrund kurz vor Marjoß.Störche haben dem feuchten Wiesengrund demnach seinen Namen gegeben. Bemerkenswerter jedoch die spätere Verwendung der ortsnahen Auen zum Gänse- und Schweinehüten. Noch bis 1964 habe der Säuhirt Nikolas Ommert mit seinem Hund Strupp hier Schweine gehütet, heißt es.

Des Morgens sei er durchs Dorf gezogen, habe mit einem alten Horn geblasen, woraufhin die Bauern die Schweineställe öffneten, und die Tiere folgsam ihrem Hirten hinterherliefen. Auf dem gemeinsamen Rückweg am Abend sei dann jedes Schwein selbständig in seinen eigenen Stall zurückgekehrt.

Familiendinner zum Ausklang

Wir haben heute auch einen Stall, in dem wir einkehren können. Eine alte Schulfreundin hat sich vor ein paar Jahren im ruhigen Marjoß niedergelassen und lädt uns zu einem wohl verdienten Abendessen im Hof ihres Hauses ein.

Gemütlich klingt ein weiterer Tag auf dem Spessartbogen aus, der zum Perspektivwechsel einlädt: Ortsnamen erhalten einen neuen Klang und alte Erinnerungen bekommen einen ganz neuen Geschmack. Mal unabhängig vom Weg kann ich die Erkundung der unmittelbaren Heimat zu Fuß nur jedem empfehlen! Es erweitert definitiv den Horizont.

Schattenspiele in der Sommerhitze.

 

Bilanz:

  • 21 Kilometer von Bad Orb nach Marjoß
  • Ausgedehnte Waldpassagen
  • Vollkommen neues Landschaftsbild  mit Fichten, Heidekraut und Tannen
  • 3 nennenswerte Steigungen – direkt am Anfang, in der Mitte und zum Schluss hin
  • Im Mittelteil vielfach breite Waldautobahnen durch Fichtenplantagen
  • Tierbegegnungen: Schafe, Ziegen, Eichhörnchen, Hasen, Spinne und richtig viele Bremsen

Glücksmomente:

  • Zauberhafter Haselgrund
  • Erfrischung in der Kneipp-Anlage
  • Mittagspause am Sölchesweiher
  • Blick auf die Rhön
  • Heidelandschaft auf dem Stacken
  • Storkelsgrund

 

Bildergalerie zur 3. Etappe auf dem Spessartbogen

 

Weiterführende Links

Übersicht Spessartbogen auf dieser Website:
Spessartbogen: Glücksmoment Weitwandern

Offizielle Beschreibung der Etappe auf der Website des Spessartbogens:
Unvergessliche Momente

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2 Comments

  • Micha

    So ein schöner Bericht und tolle Fotos.
    Diese Etappe war sooooo anstrengend, aber auch abwechslungsreich und absolut lohnenswert.

    • Simone

      Lieben Dank für das tolle Feedback! Ich fand es auch in jedem Fall lohnend.
      Ist eigentlich auch gemein, am dritten Tag die steilsten Stücke zu haben. Oft ist das ja körperlich der eckigste Tag…
      Vielleicht doch anders herum laufen das nächste Mal? 😉

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