Life in the Tropics

Die 7 tropischen Plagen

Kein Lüftchen ist hier wirklich frisch.

Ich trete aus einem der klimatisierten Räume des Hotels ins Freie. Die Brille beschlägt und nach einigen Metern fühlen sich die Klamotten feucht an. Seit ein paar Tagen ist es relativ windstill. Nur gelegentlich Regen, oft nachts, und die übliche Hitze, bei mehr oder weniger unveränderten Temperaturen. Und neuerdings Dampf. Die Luft ist schwer, wirklich, das ist das richtige Wort: Schwer mit Feuchtigkeit, voll mit Wasser.

Wer das nachfühlen möchte, dem empfehle ich einen Sonntagsausflug in das tropische Gewächshaus des Frankfurter Palmengartens. Hätte nie vermutet, das ganze Teile der Welt ernsthaft in einen solchen Aggregatszustand kommen könnten. Offenbar fanden meine Reisen in die Tropen bislang schwerpunktmäßig außerhalb der Regenzeit statt. Oder ich hab’s wieder vergessen, wie es damals 1999 im September in Thailand war. Oder ich hab einfach noch nie unter solchen Umständen über 50 Stunden die Woche gearbeitet. Wer weiß…

Die Hitliste der 7 tropischen Plagen

Die im Ressort großzügig installierten Klimaanlagen dienen jedenfalls nicht mehr primär der Kühlung von Luft, sondern in der Tat der Entwässerung. Eine Funktion, die ich als Kontaktlinsenträgerin, Umgebungs-Sensibelchen und Outdoor-Girl bislang immer gehasst habe. Entwässert den Körper, macht Kopfschmerzen und Dizzie in der Birne. Was soll ich sagen – es geht nicht mehr ohne. Ernsthaft. Denn die alles durchdringende Feuchtigkeit ist Ursache für eine Reihe von tropischen Plagen, die sogar meine besonderen Freunde, die Moskitos, alt aussehen lassen.

1. Schimmel und Muff

Schimmel an unerwarteter Stelle.

Der Kleiderschrank hat noch nie gut gerochen. Knapp eine Woche habe ich ihn ausgelüftet, bevor ich es wagte, die ersten Kleidungsstücke reinzuhängen. Muffig. Bäh. Es hat wohl länger niemand in der Personalwohnung gelebt, und es ist halt auch kein Zimmer für Gäste. Und wie Räume in den Tropen riechen, wenn 1 Woche lang keiner drin war, durfte ich ja bereits nach den kurzen Ferien im März in Ao Luk herausfinden.

Dass allerdings frisch gewaschene T-Shirts und ein sauberer Rock auf einem Kleiderbügel regelrecht schimmeln, trifft mich dann doch etwas unerwartet. Es ist ziemlich eklig.

Auch schön: Mein Pass liegt eine gute Woche offen im Regal und setzt einen interessanten Flausch auf dem Deckblatt an. In weniger als einer Woche!?!! Wie bitte befreie ich einen Pass nachhaltig von Schimmel? Der erste Versuch hat nur zwei Tage gehalten.

Ich berate mich mit Experten. Und die Antwort ist leider nur die eine: Lüften ist nicht mehr. Denn was da reinlüftet ist wasserschwanger und alles andere als frisch. Klimaanlage an. Lange. Am besten mal nen ganzen Tag. Lange Lüften nur noch, wenn mal länger Sonne und trocken. Na prima. Das ist dann wohl wieder im Oktober der Fall??

2. Moskitos

Stolzer Moskitojäger in Tonsai. Erlegtes Wild auf dem Zeigefinger.

Das Thema ist trivial und bekannt. Bemerkenswert höchstens: Moskitos stechen durch die neue Arbeitsuniform, obwohl gefühlt wirklich dicker Wollstoff. Selbst im Büro.
Und: Über die Zeit lassen sich verschiedentliche Veränderungen in der Population der Allgegenwärtigen konstatieren. Seit etwa Mai gibt es eine neue Moskitogeneration auf der Peninsula. Die trägen Idiotenviecher, die von Januar bis März jeder Anfänger mit einem einfachen Handstreich erledigen konnte, wurden abgelöst von federleichten, behenden Flugkünstlern. Nur an guten Tagen gelingt der letale Schlag beim ersten Mal. Das macht die Minuten vor dem Zubettgehen gelegentlich etwas anstrengend.

Doch insgesamt haben sich meine Fähigkeiten bei der Moskitojagd erheblich verbessert in den vergangenen Monaten – Kenntnis der präferierten Aufenthaltsorte im Zimmer, Vorausberechnung von Flugbahn und Ausführung des Schlages als solchen wurden stetig optimiert. Morgens in der Dusche gelingt so schon das ein oder andere Mal ein Moskitofang mit einer Hand, und das ohne Brille!

3. Korrosion

Rost an unerwarteter Stelle.

Hitze und Feuchtigkeit sind hart für jegliches Material, welches der Homo sapiens hierzulande den Naturgewalten aussetzt. Metall beschlägt und rostet in keiner Zeit. Wir reden von Stunden und Tagen. Bezüglich der Kletterhaken in den Felswänden ist dies natürlich wie berichtet besonders bedenklich.
Doch auch in deutlich kleineren Alltagsdimensionen wird die Rosterei zum Ärgernis. Von BH-Verschlusshäkchen (echter Showstopper), über Bestandteile von Schmuck bis hin zu Aufhänger am Kulturbeutel oder Schnallen am Klettergurt rottet so langsam alles vor sich hin. Hier wird in Bälde eine Generalüberholung meines Materials fällig werden.

4. Ameisen

Sauber heißt nicht insektenfrei. Diese Erkenntnis macht wohl jede/r tropische Hausfrau/mann, jede/r tropische Hausbesitzer/in früher oder später. Plagen Nummer 4-6 sind meiner Kenntnis nach kaum wirklich nachhaltig zu bewältigen. Insbesondere dann nicht, wenn der bewohnte Raum ebenerdig direkt neben einem wundervollen Garten liegt und die Tür zum Zimmer einen Schlitz am Boden von einem Zentimeter Höhe aufweist.

Neben dem abendlichen Moskitofang gibt es daher nun die neue Disziplin des Ameisen-Stepptanzes: Mit den Hotel-Haus-Schläppchen kann man ganz wunderbar 10 auf einen Streich erledigen, wenn die Winzlings-Armada gerade mal wieder auf Pirsch ist. Immerhin hat das Müsli auf dem Schreibtisch über eine Woche in der geöffneten Packung ausgeharrt, bevor es von den Ameisen im Sturm erobert wurde. Jetzt wohnt das Müsli im Kühlschrank und die Ameisen trauern.

5. Kakerlaken

Auch hier wenig Neues. Außer: Kakerlaken können nicht durch fortwährendes Spülen in der Dusche ertränkt werden. “Jetzt müsste sie längst im Meer sein”, denke ich nach minutenlanger Intensivbebrausung, als die Fühler wieder lustich aus dem Abfluss schauen. Ein eher hässliches Zusammentreffen von einem relativ kleinen Schabenexemplar (für tropische Verhältnisse) und meiner Person. Direkt nach dem Aufstehen. Hinter der Tür zur Dusche. Ich gestehe, ich hab geschrien. Hab mich erschreckt. Die Kakerlake auch. Sie rennt. Schnell. “Mit einer Laufgeschwindigkeit von bis zu 1,5 m/s (5,4 km/h) gilt die Gemeine Küchenschabe als das schnellste krabbelnde Insekt”, lerne ich bei WIkipedia.

Ertränken hilft also nicht und Zertreten ist nach wie vor nicht populär (wegen dieser Geschichte mit den Eiern am Schuh usw.). Also einigen sich die panische Kakerlake und die jetzt hellwache Simone auf Scheuchen und Spielen über Bande. Damit kommen wir gemeinsam bis vor die Tür. Leider haut sich das Vieh mehrfach den Schädel an den Wänden an. Bedauerlich. Vor der Tür bleibt es dann auch erstmal betäubt auf der Treppe sitzen. Nix mehr mit Rumrennen. Sorry, mate.

6. Fliegen

Steve bei seiner liebsten Beschäftigung: "When they wanna go up your nostrils, you just wanna commit mass murder."

Seit ich die meisten Mahlzeiten in geschlossenen Räumlichkeiten zu mir nehme, ist dies kein wirklicher Faktor mehr in meiner Lebenswirklichkeit. Aber immer wieder gerne erinnere ich mich an die Tage in Ao Luk, wo unklar war, ob es nun mehr Fliegen oder mehr Ameisen gibt in unserem Aufenthaltsbereich (und das will wirklich was heißen). “Mango season is fly season.”

Reizend die zahllosen Körbchen zum Abdecken von allem Essbaren, das sich nicht im Kühlschrank oder einer anderen geschlossenen Einheit befindet. Und natürlich unvergessen Steve auf “Massmurder-Mission” mit zwei Fliegenklappen und dem “Executioner”. Herrlich.

7. Hitze

Ist die Hitze eine Plage? Ich bin mir unsicher. Ich habs ja gern warm. Ich mag nicht die kalten Füße, die mir die Klimaanlage im Büro macht. Bäh! Ist ja wie daheim! Es ist mehr die Feuchtigkeit, die alles in Kürze am Körper kleben lässt, die ein Blatt Papier nach 20 Minuten draußen in eine Art Lappen modifiziert. Obwohl auch das gehört halt dazu und ist kein wirkliches Drama. Wenngleich die Aufenthalte in klimatisierten Räumen hier sicher zur Entspannung beitragen.

Was fehlt?

Nein, was für einen Mitteleuropäer vielleicht tatsächlich zur Plage werden kann in diesen Breitengraden zu dieser Jahreszeit, ist der Mangel an etwas, das wir “frische Luft” nennen.

Erst kürzlich wurde ich wieder gefragt, was mir denn fehle, und was man mir denn mal schicken könnte. Ich muss sagen, es ist wirklich nicht viel. Seit dem Umzug ins 5-Sterne-Ressort fehlt eigentlich nichts Unentbehrliches mehr: Das Käsebuffet zum Frühstück stillt den Bedarf nach Milchprodukten hinreichend und auch der Weißwein in der kleinen Strandbar um die Ecke ist durchaus genießbar und finanziell im Rahmen.

Es ist tatsächlich die frische Luft, die gelegentlich fehlt. Und natürlich immer wieder einmal Freunde und Familie. Wenn also der nächste Wohltäter bitte Selbiges in ein Paket schnüren oder gerne auch direkt vorbeibringen könnte, wäre das ganz reizend. 🙂

PS: Es gibt hier keine komischen EHEC-Bakterien. Diese bitte zu Hause lassen. Was geht da eigentlich ab in good old Germany?

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